Herr Mayer, na, wir haben was erlebt.
von Palma nach Hause
Es sollte ein Nachspiel haben. Nicht dass ich nicht einer Papstaudienz teilgenommen hatte, sondern ein Aufreger aus dem zufällig illustren Kreis, in den ich in der Bar aufgenommen wurde. Einer der adligen Teilnehmer war von größter Freundlichkeit und ich tat ihm gut, wie er sagte. Ich wusste nicht, dass es meine vornehmste Aufgabe war, in meinem Urlaub fremder Leute Bauchgefühl zu erwärmen. Seine Frau war vor Jahren verstorben und er jammerte ein wenig, weil er gerne seine Burg oder Schloss oder auf jedem Fall eine alte Kiste auf dem Land irgendwie nutzen wollte, aber nicht konnte. Er hatte weder wirklich Interesse, das Teil auf Vordermann zu bringen, noch Ideen, wie er es nutzen sollte. ›Das sind Probleme.‹
„Kultur geht immer“, sagte ich zu ihm. Mach doch so etwas wie Festspiele. Leider fand er die Idee grandios und wollte mich gleich einbinden. Nicht nur in Sachen Kultur, sondern auch auf der häuslichen Ebene. Und das so, wie ich’s in meiner nicht vorhandenen Fantasie mir nicht vorstellen konnte. Wirklich auf häuslicher Ebene:
„Das bist du Anna. Du würdest in Gummistiefeln rumlaufen und mir auch noch ein Kuchen backen.“
„Ja, klar würde ich das. Was ist dabei?“, antwortete ich in dem Maße, dass ich es für normal hielte, wenn es eine Frau gäbe, die ihn liebte und das für ihn gerne täte.
Leider war es um ihn geschehen. Er hielt mich für diese Frau.
Drei Wochen später. Norddeutsche Tiefebene zwischen Hamburg und der Lüneburger Heide. Kind in der Schule oder beim Sport. Mann bei der Arbeit. Ich und meine Haushaltshilfe um die Wette beim Fensterputzen. Ich war schneller, sie war streifenfreier. Das Telefon klingelte und ich erkannte die Stimme. Es war der Adlige, der mit mir Kunst und Kuchen machen wollte. – Mit mir als seiner Frau wohlgemerkt.
„Hallo Anna, pack deine Sachen und komm mit. Du kommst mit zu mir. Du bleibst bei mir.“
„Spinnst du? Wie kommst du darauf? Und was heißt: ›Pack deine Sachen und komm mit‹? Wo bis zu denn?“
„Auf dem Hamburger Flughafen ich bin mit meinem Jet hier. Ich warte auf dich.“
„Du spinnst wohl. Kommt überhaupt nicht infrage.“
Ganz ehrlich, im Nachhinein habe ich das eine oder andere Mal darüber nachgedacht, was gewesen wäre, wenn ich ›Ja!‹ gesagt hätte. Der Mann war garantiert leichter zu managen als meine Familie von Alphatierchen. Auf der anderen Seite sind Kitsch und Betroffenheit auch nicht so richtig mein Ding. Wie man’s macht, und ich hatte es gemacht und mich entschieden. Ich habe ihm dann unmissverständlich klar gemacht, dass jegliche Form der Bemühung ausgeschlossen ist und erfolglos sein würde. Er akzeptierte und ich hatte nie wieder was von ihm gehört. Männer. So sind sie. Ergreifen Initiative und betreiben einen Aufwand, der was mit ihnen zu tun hat. Aber sie verzichten dann darauf, kreativ zu sein, um doch noch ein Ziel zu kommen. Ich spreche – das muss man in heutiger Zeit deutlich sagen – nicht von Nötigung oder Stalking. Aber das Bewerben um eine Frau sollte inhaltlich mehr sein als eine Blechbüchse in der Luft, angetrieben von ein paar Gallonen Flugbenzin und das Sehnsuchtsbild von selbstgebackenem Kuchen.
Mein Mann kam nach Hause und wir waren gerade mit den Fenstern durch. Als Letztes hatten wir uns die gewaltigen Schiebetüren vorgenommen. Wir stiegen von den Leitern und meine Haushaltshilfe begrüßte mein Mann: „Herr Mayer, na, wir haben heute was erlebt. Ihre Frau macht Sachen“, und dann begann sie zu erzählen. Ich sagte kein Wort. Sie hatte zuvor meinen Teil des Gespräches mitbekommen. Das reichte. Den Rest erzählte ich ihr, weil sie nicht lockerließ.
Mein Mann war außer sich. – Vor Begeisterung, wieder eine Geschichte zu haben, die er bei seinen Kumpels rumerzählen konnte. Keine Eifersucht, kein Zweifel, keine Überlegung, selbst vielleicht mit Blumen vorbeizukommen. Es kam jemand mit Privatjet, der ETWAS wollte, das ihm schon gehörte. Mich. Super. Ganz toll, Jungs.
Meinungen
Ist das ein Ding, nur weil ein Kavalier mit dem eigenen Jet – sagte er – kommt? Ich hätte es auch erzählt, wenn er mit dem Fahrrad gekommen wäre. Bei mir sind das Einzelfälle, für die eine Hand zum Zählen reicht. Und bei Dir?
Sonstige Bemerkungen?