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Mit dem Radlader ins Hotel

von Marc Krautwedel

Kapitel 52: »Amaaalphi«

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Die Platzhalter-Karten werden ersetzt, und es wird eine Sammeldatenseite mit Maps und Ortsinformationen hinzukommen. Diese Seite erhält Ergänzungsdaten entsprechend der Kommentare in den Kapiteln.

»Amaaalphi«

»Amaaalphi«

Amalfi

Wenig später, in Amalfi angekommen, parkten wir unten am Hafen, um uns ein Hotelzimmer zu suchen. Der große Parkplatz sowie auch ein weiterer am Ortseingang waren mit Bussen zugestellt. Wir hatten kein Hotel reserviert – wie überall auf der Reise – außer am Zielort der Veranstaltung in Pescara. Ein Hotel an der Ecke Uferstraße und der Fußgängerzone – der Hauptstraße – sah einladend aus. Mein Sohn fragte den Portier an der Rezeption nach Verfügbarkeit und dem Preis für die Hotelzimmer. Wir bekamen Zimmer und der Preis war nach dem Dafürhalten von Junior extrem niedrig. Er nahm die Zimmer, freute sich, drehte sich und ging einen Schritt auf uns zu und breitete die Arme aus. „Wunderbar. Keine Probleme. Mutter, du hast Meerblick.“

„Und ihr?“

„Wir sehen sowieso nicht raus und morgen früh gehen wir gleich ans Wasser. Die Zimmer sind spottbillig“, haute er in einer Manier raus, als sei er es gewohnt, zu gewinnen.

Wir trugen uns ein und gingen einige Meter zur Tür, um unser Gepäck aus dem Wagen zu holen. Dann stockte er abrupt, drehte sich um und fragte den Rezeptionisten laut aber in freundlichem, jetzt weniger selbstsicherem Ton: „Entschuldigung, haben die Zimmer Bad und WC?“

Der Hotelangestellte wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. „Ja, Signore, selbstverständlich“, hat er nicht gesagt. Stattdessen nickte er in nicht eindeutig zu wertender Kopfrotation und sagte „Ja, sicher.“ Der Mann sah aus, als würde er versuchen, eine unbekannte, große Anzahl von Fliegen zu zählen, die um seinen Kopf kreisten. Da waren keine Fliegen. Und die Zimmer hatten Vollausstattung. Sie waren sauber, gepflegt und die Zimmerpreise passten tatsächlich nicht zur hohen Qualität und der besten Lage. Gerade in einem Ort wie Amalfi, wenn man dessen Namen ausspricht, erwachen sehnsuchtsvolle Bilder. Gut, wenn Katja „Amaaalphi“ sagte, hatte es eher etwas selbstsicher Mysteriöses, als würde ein Geheimbund, von dem jeder weiß, aber nicht viel darüber spricht, im Keller ihrer Seele tagen. Die schicksalhaften Auswüchse dieser Sehnsucht, die nicht allein mit dem Ort, sondern der gesamten Küstenstraße, der Amalfitana zu tun hat, sind so simpel zu erklären wie auch allgegenwärtig zu erleben. Unmengen von Menschen drängten durch die Gassen, vor allen Dingen die Hauptstraße mit dem Dom daran. Mit Sohn und Schwiegertochter auf Abruf war ich zum Abendessen verabredet, und genau dort, an den Stufen des Domes wollten wir uns treffen. Amalfi ist traumhaft – nur eben nicht wirklich ausgedehnt. Trotz zahlreicher menschlicher Hindernisse war ich schnell durch, und es bestand keine Chance, an meine übliche Laufleistung ranzukommen. Also setzte ich mich in ein Caffè am Dom und genoss den späten Nachmittag. Dann ging es schnell. Innerhalb einer Stunde, also in drei Halbstundenschlägen im Takt, leerte sich der komplette Ort. Ich saß nicht ganz allein auf der Straße, aber einen Platz zu ergattern oder gar ein paar Tische zusammenzuschieben wäre nicht der Rede wert. Mit Blick auf den Dom behielt ich seine Stufen im Auge und das junge Glück kam auf mich zu, sobald sie mich entdeckt hatten. Sie setzten sich zu mir und es wurde immer ruhiger in der Straße. Es war noch längst nicht Abend und noch lange nicht dunkel. Nach Kaltgetränken und den üblichen Chips im Körbchen gingen wir zum Wasser. Den Damen unter uns war nach Sonnenuntergang und mediterraner Küche. Dem Herrn war das egal, solange er kein Fisch selbst essen musste. Zwischen Himmel und Meer saßen wir auf einem Restaurantsteg – und waren allein. Auch wenn später noch einige Gäste kamen, war das Problem offenkundig. Die Lage? Schwer zu schlagen. Das Essen? Super. Preise? Unerwartet niedrig. Durch den Bustourismus hatte der Ort an einer homogenen Gemengelage von Touristen und lokalen Gewerbe verloren. Die Hotelgäste blieben weg, weil die Tagesgäste da waren und die Tagesgäste selbst hielt es nur wenige Stunden, in denen sie wenig konsumierten. Bei meinem Alleingang durch den Ort war mir schon aufgefallen, dass es ungewöhnlich viele Schankstellen für original italienisches Speiseeis gab.

Amalfi hat so viel und ist doch gefangen in seiner Schönheit. Ich liebe es auch gerne etwas quirliger. Den ganzen Tag auf die Schönheit und das Meer sehen – ein wenig im Müßiggang zu Lustwandeln. Das nächste Plätzchen zum Essen wird gefunden, bevor die nächste ruhige Runde gedreht wird – eigentlich nicht meine Sache. Ich bin aktiv. – ›Ein Gegenprogramm zu meinem ungeliebten Job bei ›Honeymoon Travel‹ mit Junior und Katja könnte total entspannend sein.‹ Ich saß im Auto der Liebenden auf der Rückbank und musste die mit Zuckerwasser getränkten Gespräche hören, die Paare eigentlich allein führen sollten. Zuerst ist es rührend, dann süß – und irgendwann denkt man, die Melasse gehört auf den Sondermüll. Der Wagen war doch keine Höhle, in der wir als Horde überwinterten. Durch die Fahrerei bin ich auch nicht viel zu Fuß auf Achse gewesen. Für Junior war es schon grenzwertig, aber für mich? Kinderspiel.

Mir fehlte ein wenig Zunder auf der Tour. Mehr Farben, selbst wenn sie abblätterten. Wie in Palermo auf Sizilien.

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