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Mit dem Radlader ins Hotel

von Marc Krautwedel

Kapitel 51: Capri oder Kubba

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Capri oder Kubba

Capri oder Kubba

Ravello

Meine Eindrücke vom Meer aus dem Garten der Villa Rufolo verarbeitete ich bei einem Cappuccino auf der Piazza Duomo in Ravello. Das klingt schon gut. Die Bilder, Gerüche und andere Wahrnehmungen – selbst die gefühlten Wetterdaten – wurden in Ruhe von mir verarbeitet, um sie für immer lebendig zu halten. Einen Widerspruch erkennen nur Mutlose. Klar unterliegen meine Erinnerungen meinem eigenen Verfall und sicher würden andere Wahrnehmungen und Fremdeinflüsse die Bilder mit der Zeit verändern. Deswegen ist es mir wichtig, den Moment mit allen Wahrnehmungen und Gefühlen zu erfassen, um das Bild auf allen Ebenen zu stabilisieren. Die klare Luft an einem Sommermorgen sollte nicht durch einen gefühltes Novembergewitter von einer Wolkendecke gestört werden. Unerwartet wurde die Luft dicker. Es kam ohne Vorwarnung, es sei denn, man erwartet einen Sturm, nur weil es ruhig ist.

„Schatz, und morgen, wir fahren Capri?“, teilte Katja ihrem zukünftigen Mann mit und es klang eher wie ein Nachhaken als ein neuer Vorschlag.

„Wir sind längst dran vorbei. Wir hatten es doch vorhin besprochen. Hast du es dir anders überlegt?“

„Ich bin siiicher, ich kann das machen.“

„Wie kommst du da plötzlich drauf. Dann müssen wir noch mal hin- und zurückfahren, um noch den Rest der Amalfitana mitzunehmen – um dann in Salerno auf Autobahn über Foggia nach Pescara zu kommen. Die Willkommensveranstaltung vom Meeting ist morgen Abend“, sagte mein Sohn und ich wunderte mich, dass er einen Plan zu haben schien, den er nicht in Echtzeit beim Flippern auf seinem Navigationssystem generierte.

„Schaaatz, du bist mein Maaan,“

„Aber sicher. Wenn du willst.“

Ich dachte, wir hätten Capri schon hinter uns gelassen, aber das war wohl nur die geografische Sicht der Dinge. Tiefe Emotionen schienen mit der Insel verbunden zu sein. Oder es war ein erstes Austesten der Belastbarkeit der Beziehung. Wo die Liebe ist, muss alles möglich sein und es gibt außerhalb in der Welt da draußen keine roten Linien, die man für sie nicht überschreiten würde. Mein Ansatz der Gesprächsteilnahme war von trivialster Natur. „Hättet ihr das nicht in Neapel klären können? Jetzt sind wir an Capri vorbeigefahren“, argumentierte ich. Dass es unwissend aus der Hüfte geschossen war, erklärte mir meine zukünftige Schwiegertochter mit dem allmächtigen, allwissenden Telefon in der Hand.

„Aaana Nein, Boote fahren auch von Sorrrrent und Amaaalphi.“

Da schien sich jemand umfänglich informiert zu sein und alle Lebensentscheidungen im Kurzwahlspeicher zu haben. Die junge, lange Frau ist ein Ungetüm an dem Ding. Schon bei Textnachrichten wirbeln ihre Finger in Raserei, während Junior es mit einer Art Radiergummi hinten am Kugelschreiber in Zeitlupe versuchte – bevor er aufgab. Als sie in Mink war, hatten sie sich ständig geschrieben. Er kam nicht wegen seiner aufgeregten Liebe nicht zum Schlafen, sondern weil er Stunden brauchte, um „Ich liebe dich!“ in sein Ding zu tippen. Bei meiner Reisebeschäftigung brauchte ich keine Abstimmung. Auf das Auto und die Fahrbereitschaft meines Sohnes war ich nicht angewiesen. Ich wusste, dass es auch etliche Flughäfen gibt, die mit dem Taxi zu erreichen gewesen wären. In Bezug auf Capri war meine Haltung eindeutig. „Das könnt ihr gerne machen, aber nicht mit mir. Fahrt hin, aber ich komme nicht mit.“ Die Vorstellung, mit den beiden jetzt auch noch in einem Boot zur Insel hinüberzuschaukeln, hin und zurück zu dümpeln, um dann im Auto weiter zu brettern, war – gelinde gesagt – wenig attraktiv für mich. ›Sie müssen alleine fahren. Sicherlich möchte Katja auch in die Blaue Grotte. DAS wäre was für mich: Lauter Nussschalen dümpeln in der Grotte und davor. Alle sind besetzt mit Honeymoon-Pärchen und sangesfreudigen Kapitänen. Nicht mit mir. Niemals.‹

Mein Sohn zeigte echte Entschlussfreude. „Schatz, ich weiß, was wir machen. Wir beide fahren allein nach Capri. Versprochen. Nicht jetzt. Wir machen unsere Hochzeitsreise nach Capri. Das wird superromantisch.“

›Die Idee ist gut‹, dachte ich. ›Wären sie gleich alleine gefahren, hätten sie das schön ohne dritte Beteiligte untereinander regeln können.‹ Leider war ich ungewollter Zeuge der Reisepläne, mit denen ich nun wirklich nichts zu tun hatte.

„Schaaaatz, nein. Hochzeitsreise, wir machen in Kubba.“

„Kuba?“, rief ich zeitgleich mit meinem Sohn aus. Ich konnte mich nicht zurückhalten.

„Ja, Kubba ist schön. – Wirklich sehr, sehr schön. Ich kenne viele, sehr viele Menschen in Minsk, die waren in Kubba. Da gibt es Strände, Palmen und Musik. Es ist günstig, seeehr günstig.“

„Ich will nicht nach Kuba.“

„Schatz, ich denke, du brauchst nicht Angst vor Flugzeug zu haben.“

„Habe ich aber. Das weißt du doch.“

„Schaaatz, ich denke, du kannst glauben. Alles ist schön.“

Der Glaubenseinwand war vermutlich eines Vokabelmangels geschuldet. Sie meinte es nicht im eigentlichen Sinn. Für Junior passte es ins Gesamtbild. Ich sah ihn – mit sich im Unreinen – und denken: ›Was soll ich? Kuba? Beten, damit ich ankomme, wo ich nicht hin will?‹ Mein Sohn konnte seine aufbrausende ›Begeisterung‹ bändigen und im Zaum halten. „Kuba. Dann eben nach Kuba. Auch gut.“

Ein Wildpferd war er noch nie. Aber dass aus ihm jemals ein Zirkuspony wird, wage ich zu bezweifeln. ›Seine Flugangst kennt sie. Weiß sie auch, wie er im Urlaub sein wird? Er glaubt zu wissen, dass der Rückflug seinen Todestag markiert? Viel Spaß mit dem da, Kleines. An einem Mayer beißt du dir die Zähne aus‹, dachte ich. Bei mir war die Balance mal wieder aus dem Ruder geraten. Anfänglich war ich auf Seiten meines Sohnes, dann auf ihrer Seite. In Italien hatten sie mich bisher beide genervt. Aber zumindest waren sie sich einig und mir war es jetzt irgendwie ein wenig egal. Völlig wurscht, ob da was zusammenwächst, was zusammengehört, oder ob es darum geht, wer vor beiden der oder die Stärkere ist. ›Sollen sie es unter sich ausmachen.

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