Mit dem Radlader ins Hotel
Personenverkehr
Cannes
Auf der Flucht vor den Freizeitaktivitäten meiner Männer verbrachte ich eine Woche in Cannes und fragte beim Concierge der Luxusherberge nach dem Busbahnhof. Mein Ziel war im Hinterland das Zentrum der Düfte, die Stadt Grasse.
„Madame, nach Grasse fahren keine Busse. Ich rufe Ihnen unseren hauseigenen Fahrdienst.“
„Nein, danke.“ ›Das wäre ja noch schöner: Keine Busse. Das gibt es nicht. Bloß nicht allein in ein aufsehenerregendes Auto.‹ Die Nummer mit dem Fahrdienst kenne ich aus verschiedenen Erlebnissen. Es war entweder langweilig oder peinlich aufwendig. Natürlich gibt es einen Busbahnhof am Hafen von Cannes. Und die Fahrt nach Grasse funktionierte in einem echten regionalen Verkehrsmittel – einem Linienbus. Touristen waren Mangelware. Dem Concierge in Cannes habe ich ein paar Busfahrpläne zur Information und zur Weitergabe auf den Tresen geknallt, als ich zurückgekommen war. Meine Zornesröte hatte ich unterdrückt und mit einer gespielten, jovialen Arroganz überlagert.
Das Mobiltelefon klingelte. Mein Sohn erkundigte sich nach meinem Befinden. In diesem Moment ging ein meinem Unterbewusstsein vertrautes Gesicht an mir vorbei zum Ausgang und stellte sich an, in eine helle Flunder von Sportwagen zu steigen. Boulevardnachrichten sind nicht meine Sache, aber es war so, als würde ich mich an ein Lied, aber nicht an den Sänger erinnern. Hier kannte ich nicht mal das Lied. „Sohn, ich glaube, es ist der Sänger, der beinahe bei uns in der Nachbarschaft gewohnt hätte, ist auch im Hotel.“
„Der aus der Kreativ-WG?“
„Nein, der hat ja wirklich da gewohnt. Der andere, du kennst ihn aus der Disco.“
„Ich kenne keinen Sänger. Beschreib ihn mal – nein lass gut sein, mit gefühlten Wesenszügen kommen wir nicht weiter. Und beschreiben, wie er aussah, kannst du einfach nicht. Das konntest du noch nie. – Ist er noch da?“
„Er steigt gerade in sein Auto. Du hast mir mal gesagt, dass du ihn in der Tenne in Hamburg gesehen hattest.“
„Ach so, ich weiß. Hat er einen Fernsehkopf?“
„Was ist das denn?“
„Ist der Kopf telegen, weil er groß ist?“
„Du stellst Fragen. Jetzt fährt er weg. Das klingt fies. Er hat das Radio so laut aufgedreht. – Unmögliches Benehmen.“
Mein Sohn hörte unfreiwillig mit – auch die Umgebungsgeräusche. „Mutter, das ist der Motor und keine Musik. Es kommt mir vertraut vor. Ist der Wagen flach und weiß?“
„Eher Creme. Weiß war er vielleicht mal.“
„Hat er Lamellen an den Seiten und einen komischen Seitenspiegel?“
„Ja. – Das Ding soll ein Spiegel sein?“
„Jupp, das ist er wohl.“
„Woher weißt du, was für einen Wagen er fährt?“
„Er hasste die Parkplatzsuche vor der Disco. So wie ich. – Und? Wie ist es sonst?“
„Langweilig“, antwortete ich und es war nicht meine Sache. In erste Reihe purer Luxus mit kleinen Schönheitsfehlern der Nachlässigkeit, dann in zweiter Reihe geschäftiges Treiben. In dritter Reihe soziale Engpässe – und es vermischt sich nicht, als gäbe es unsichtbare Grenzen der Bewegungsfreiheit.
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