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Mit dem Radlader ins Hotel

von Marc Krautwedel

Kapitel 40: Ran, rauf, rüber und durch: Berge

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Ran, rauf, rüber und durch: Berge

Ran, rauf, rüber und durch: Berge

Abruzzen

Die beiden Liebenden waren, wie ich am nächsten Morgen hörte, auch auf der Piazza del Popolo im gleichen Caffè und hatten auch Wein getrunken. Nur, sie waren sehr viel später als ich dort – und sie nahmen mehr Flüssigkeit zu sich. Nicht nur Wein. Vor allem Wasser. Mein Sohn war noch mal zurück zum Auto gegangen, um etwas zu holen. Dabei stellte er fest, dass er ein Parkticket erhalten hatte. Einen Strafzettel in Italien zu zahlen, kann für einen deutschen Autofahrer ein Grund zum Lächeln sein. Oder aber sollte der Wagen von ihm nicht umgeparkt werden, dieser abgeschleppt oder mit einer Parkkralle versehen das morgendliche Weiterfahren verhindern. In jedem Fall wäre es meinem Sohn nicht genehm gewesen, sich den Fragen und Kommentaren seiner Verlobten und seiner Mutter auszusetzen. Einen Parkplatz zu finden, dauerte zumindest für ihn eine Weile. Schließlich sah er das Parkhaus unten in der tiefen Senke. Danach machten die beiden sich auf, herauszufinden, wo das Büro der Stadtverwaltung war, wo der Strafbetrag entrichtet werden konnte. Ich weiß nicht, wie er darauf gekommen ist, am Abend noch loszulaufen. Genauso wenig verstehe ich, dass seine Verlobte mitging. Und am wenigsten kapiere ich, wie er davon ausgehen konnte, dass das Büro am Abend noch geöffnet sein könnte. Während ich die italienische Lebensart auch mit Sicherheit einer der schönsten Plätze der Welt zelebriert hatte, trottete mein kräftiger Sohn schweißgebadet mit dicken Knöcheln, eine schier endlos planlose Strecke durch eine klassische italienische Vorstadtarchitektur. Neben ihm seine schlanke Verlobte auf Pumps. Tatsächlich fanden sie das Büro und ›Überraschung‹ war es geschlossen. Am nächsten Morgen machte er Anstalten, uns davon zu überzeugen, dort vorbeizufahren, um die Strafe zu entrichte, aber wir hielten ihn beide für bescheuert. „Mach es von zu Hause. Die Abruzzen warten.“

Gebirgsmassive liegen mir mehr als einzelne Berge. Dieses alleinige Emporstrecken einzelner, stolzer Gipfel hat ein bisschen was von ›Guck mal Mami, was ich alles kann.‹ Beim Anblick des Matterhorns denke ich automatisch wie eine Mutter: ›Alles was du machst, ist so fein!‹ – Dann ist auch gut. Bei Vulkanen, insbesondere beim Ätna bin ich meiner Haltung überhaupt nicht treu. Der soll bloß nicht zeigen, was er kann. Andeuten reicht. Klar, alles ist in Bewegung, aber bei den ruhigeren Formationen habe ich meine Lieblinge. Gebirgszüge oder wenn es dann schon gleich Massive sind, haben es mir mehr angetan. Aus deutscher Sicht, im wahrsten Sinne, es ist das Karwendelmassiv in Österreich. Der Blick durchs Tal auf die schneebedeckte Kette macht mich einfach froh. Oder die Sicht auf die Ortlergruppe, vom Reschenpass kommend.

Dass ich die besondere Vorliebe für die Pyrenäen und die Abruzzen habe, hat vielleicht auch etwas mit einer dünnen Besiedlung und der heimischen Fauna zu tun. Das Gefühl, mich da zu bewegen, wo Wölfe und Bären sein können, hat nichts mit dem Kick oder der Suche nach Abenteuer zu tun, sondern mit der Wildheit der unberührten Natur. Dass die Natur sich selbst nicht unberührt lässt, kann man in den Abruzzen an Aquila sehen. Wobei, die Erdbeben hinterließen den merklichsten Schaden an menschlichem Leid und gebauter Umgebung. Der Blick auf das Gran Sasso Massiv weckte Sehnsüchte nach Einsamkeit in mir. ›Da oben auf dem Gran Sasso wäre ich gern allein. Vielleicht nur für vier Monate. Ein paar Ziegen und Schafe – und große Hütehunde gegen die Wölfe. Ich liebe Wölfe. Aber nur, wenn sie sich benehmen.‹ Bevor ich mir den Gedanken richtig ausmalen konnte, waren wir mittendrin. Nicht in einem Wolfsrudel, sondern im Berg, dem Gran Sasso Massiv. Der zehn Kilometer lange Tunnel führte uns mitten hindurch.

„Der Tunnel ist aber ganz schön lang. Stell dir mal vor, wie viele Gesteinsmassen über uns sind“, sagte ich.

„Und wir befinden uns mitten im Erdbebengebiet“, sagte mein Sohn und erhöhte die Geschwindigkeit über Gebühr.

„Brechen wird der Tunnel schon nicht. Verschüttete Ausfahrten sind nicht unmöglich.“

Mein Sohn fuhr noch etwas schneller – und er schwieg.

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