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Mit dem Radlader ins Hotel

von Marc Krautwedel

Kapitel 39: Piazza Grandiosa

Karte (Platzhalter)

Die Platzhalter-Karten werden ersetzt, und es wird eine Sammeldatenseite mit Maps und Ortsinformationen hinzukommen. Diese Seite erhält Ergänzungsdaten entsprechend der Kommentare in den Kapiteln.

Piazza Grandiosa

Piazza Grandiosa

Ascoli di Piceno

Ein Fluss, eine Brücke, Parkplätze direkt auf dem Seitenstreifen und das Schild mit der Aufschrift ›Hotel‹ an einem Gebäude in Sichtweite. ›Was will man mehr.‹ Die Altstadt des Städtchens liegt auf einer Anhöhe, umgeben von einer Schlucht, in der auf einer Seite der Fluss Trento verläuft. ›Eine typische, alte italienische Stadt‹, dachte ich. ›Sehr kompakt gebaut. Auf einer Anhöhe und nach außen hin etwas abweisend.‹ Die Dichte der Bebauung, die Größe und auch die Anwesenheit von Hotels stimmten mich zuversichtlich, dass es irgendwo einen kleinen Platz gäbe, an dem ich alleine noch gemütlich sitzen könnte. Wir hatten für diesen Abend beschlossen, getrennte Wege zu gehen, nachdem die Herberge gesichert war. Unsere gemeinsame Fahrt in den Urlaub begann zwar erst vier Tage zuvor, aber diese Zeit verbrachten wir viel zusammen. Am Vortag auch etliche Stunden am Strand der Adria. Außerdem steckte mir noch in den Knochen, dass Junior mir mein Venedig mies gemacht hatte. In dem kleinen Städtchen, in dem wir eingetrudelt waren, wollte ich das junge Glück ein junges Glück sein lassen und selbst in Ruhe den Abend genießen. Ich war nicht auf der Suche nach Postkartenmotiven oder emotionalen Highlights. ›Ein hübsches Städtchen‹, dachte ich auf den ersten Metern durch die Stadt. ›Es liegt etwas über zwanzig Kilometer vom Mittelmeer entfernt, eigentlich etwas zu weit, als dass sich Strandurlauber in der Kleinstadt verirren würden.‹ So klein ist es gar nicht, und neben den Einwohnern, die abends auf den Straßen saßen und gingen, mischten sich tatsächlich auch Touristen. Die kleine Straße, die sie flanierten, schien auf einen Platz zu führen. – Und was für einen.

Ich fasste mir ans Herz, nicht weil ich einem Anfall nahe gewesen wäre, sondern es mich gleich auf mehreren Gefühlsebenen einfach umhaute. Auf dem Platz waren nicht viele Menschen. Die Stimmung war abendlich ruhig. Eine Gruppe Kindern spielte mit einem Fußball auf dem Platz, der in hellem Travertin, der von unzähligen Füßen in den letzten Jahrhunderten blank gelaufen worden war. Das Licht der Laternen und der Cafés und Schaufenster reflektierte imposant lebendig in den Flächen und kleinen Unebenheiten. Diese Wärme und die beeindruckende Architektur hundert Meter lang ist der gepflasterte Freiraum, umgeben von Schönheit. Ich konnte mich nicht sattsehen und auch nicht satt essen. Ich wollte Zweites nicht. In einem Caffè am Platz trank ich Wein und knabberte Oliven. Die Piazza del Popolo in Ascoli di Piceno gilt neben dem Markusplatz in Venedig und der Piazza Navona in Rom als einer der drei schönsten Plätze Italiens. Superlative sind nicht mein Ding, weil sie dazu verleiten, eine Art Checklistentourismus zu veranstalten; in Hatz von einem Hotspot zum nächsten. Ich nehme alles zurück. Die Piazza del Popolo in Ascoli di Piceno muss man gesehen haben. Abends, bei Sonnenuntergang und danach. Der am Tage von der Sonne erwärmte Travertin strahlte die gespeicherte Energie ab und selbst das Fußballspiel der Kinder, die im Kreis standen und sich den Ball zuschoben, hatte eine unaufgeregte Lässigkeit – fern von jedem Bolzplatzgetobe.

Am Ende der Piazza, die Kirche San Francesco, quer und versetzt zum Platz stehend, hinterließ bei mir einen bleibenden Eindruck in Bezug auf meine Symmetrieliebe. Während ich zu Hause Lampen, Kerzenleuchter, Pflanzen, rein gefühlsmäßig, ohne wirklich darüber nachzudenken, in eine symmetrische Ordnung positioniere, hatten die Baumeister der Renaissance bei der Platzgestaltung mit sowohl die Kirche als auch dem Palazzo dei Capitani del Populo schon bestehende bauliche Schwergewichte integriert. Es ist Ihnen beides gelungen: Der Platz mit seinen umgebenden Gebäuden, mit ihren Arkaden mit seinem rechteckigen Grundriss schafft durch Reihung und Ordnung ein harmonisches Ambiente für die Sonderbauten, deren Mächtigkeit ihrerseits den Platz nicht erschlägt. Aber wenn ich mir privat schon nicht erkläre, warum ich dieses oder jenes mache, warum sollte ich mich dann nicht einfach einen schönen Platz setzen, ohne zu ergründen, warum so viele mein Gefühl teilen.

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Kennst Du Ascoli? Und hast du dort einmal abends auf der Piazza gesessen? Wie war es für Dich?

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