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Mit dem Radlader ins Hotel

von Marc Krautwedel

Kapitel 38: Navigation und Ausblick

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Die Platzhalter-Karten werden ersetzt, und es wird eine Sammeldatenseite mit Maps und Ortsinformationen hinzukommen. Diese Seite erhält Ergänzungsdaten entsprechend der Kommentare in den Kapiteln.

Navigation und Ausblick

Navigation und Ausblick

zwischen Loreto und Ascoli di Piceno

Es ging weiter, erst nach Westen, dann Richtung Süden in die Hügel des Appennin in den Marken. Wir wollten irgendwo zu Mittag essen. Es sollte einer dieser charmanten Momente der unaufgeregten Überraschung werden. In einem steinernen Dorf, in dem es keine Neubauten gab, war der Hund begraben. Der kleine Platz war dorfauswärts offen, weil er sich aus den auf ihn zulaufenden Straßen ergab, bevor es seitlich an ihm bergauf ins Dorf ging. Vor dem winzigen Caffè saßen einige alte Männer in ihren noch älteren Anzügen. – Eine Szene, die man sich auch in Schwarz-Weiß-Bildern gut vorstellen kann. Es war alles dabei: die gegerbten Gesichter und die kleinen Hüte. Die mürben, geputzten Schuhen mit den Gehfalten und den abgelaufenen, verformten Sohlen, sahen deutlich nach ländlicher Arbeit aus. Ich konnte direkt vor mir sehen, wie sie immer noch von den an Not grenzenden kleinen Höfen am Hang, Oliven in Körben auf dem Rücken ins Dorf zur gemeinsamen Presse tragen. Das Caffè hatte wohl geöffnet, aber man sah es ihm nicht an. Es gab keine Bewegung in diesem Standbild, und für die Beteiligten gab es keinen Anlass, sich zu rühren. „Hier kriegen wir nichts“, sagte ich. „Kommt, lasst uns weiterfahren.“

„Das kann doch nicht sein“, widersprach mein Sohn. „Wir sind nicht weit vom Meer entfernt. Zwanzig Kilometer weiter ist die Adria voller Gartenmöbel und hier ist Totentanz? Ich fahr mal durch.“

„Schaatz, ich denke, Anna hat Recht. Ich denke, du brauchst das nicht zu machen.“

Ich hatte soeben von meiner möglichen zukünftigen Schwiegertochter eine Lehre über die Raffinesse des Imperativs erhalten. Man darf ihn einfach nicht verwenden. Anstelle eines fröhlich-fordernden: ›Lass es!‹ oder ›Lass es bitte‹, zu nutzen, wurde nicht einmal ein eigener Wunsch geäußert wie: ›Ich möchte das nicht‹.

›Clever die Kleine‹, dachte ich. ›Sie sagt ihm, was er nicht braucht oder was nicht gut für ihn ist. Das hätte ich vor vielen Jahren schon bei seinem Vater probieren sollen.‹

„Lass nur. Ich mach das doch gerne für euch. Ihr wollt doch einen schönen Platz zum Essen finden.“

›Rumms!‹ Der Himmelhund hatte es einfach umgedreht und ich bin mir sicher, dass er es nicht einmal wusste. Meine generelle Neugier zu dem Spiel hielt sich in Grenzen. Aber eigentlich wollte ich schon wissen, wie Schatz zukünftig darauf reagiert, wenn ihm gesagt wird, dass das, was er will, nicht das ist, was er brauchen sollte.

„Nein Schatz, fahr in Stadt!“

„Wir sind gleich einmal rum.“

›Ach, es geht doch konventionell, mit klaren Ansagen, genauso erfolglos weiter.‹

Wir waren mittlerweile durchs Dorf gefahren und das letzte Haus, bevor wir wieder abwärts auf die Hauptstraße fuhren, war tatsächlich ein Restaurant. Wir waren die einzigen Gäste und saßen auf einer Terrasse hoch oben am Hang über den Olivenbäumen. Unser Blickfeld erstreckte sich über sanfte Hügel und die Ebene bis zur blauen Adria. Das Essen war beste, selbstgemachte, regionale, italienische Hausmannskost. Jene Küche mit Ravioli, wo angeblich jede Nonna noch die Rezepte ihrer Mutter kocht. Die Oma in dem Restaurant hatte nicht nur gekocht, sondern auch serviert. Sie war etwas vollschlank, aber mit ausgemergeltem Gesicht, und an jeder Falte konnte ich ihr ein nicht ganz sorgenfreies, arbeitsreiches Leben ansehen. Sicherlich war sie jünger als sie wirkte. Außer ihr war nur noch ihr Sohn der. Er wollte ihr helfen, aber er stand ein wenig neben sich. Seine Mutter wird es wissen.

Die Mutter meines trotteligen Sohnes hatte keine Ahnung, wie es weitergehen würde. Aber unser Fahrer wusste Bescheid. Allerdings nur in nahezu Echtzeit. Er hatte auch bei kurvigen Bergstraßen die zauberhafte Eigenart, durch das Drehen, Ziehen und Drücken an einem Knopf wie auf einem Gamepad auf der Mittelkonsole das Navigationssystem im Maßstab ständig zu verändern. Einmal suchte er nach Punkten, die wie größere Ortschaften aussahen, zoomte dann wieder ran, um eine geeignete Straße dahin zu finden. Es war ja nicht so, dass wir keinen Straßenatlas von ganz Italien im Wagen hatten, den wir bei einem der Stopps hätten rausholen können, auf das der Sonnenverwöhnte nur ein Ziel eingäbe.

Die Stunden vergingen, und er war auf der Jagd nach einem größeren Punkt auf seinem Display. Den Namen hatte er gesagt und mir war er auch geläufig. Mit Bildern von Landschaft oder Gebäuden hatte ich den Ort bis zu dem Abend nicht verbunden.

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