Meet and Greet
Pescara
♥
Katja, Junior und ich frühstückten in Amalfi vor dem Dom. Auf der Küstenstraße ging es dann ein Stück weiter, um zur Autobahnauffahrt zu gelangen. Genaugenommen fuhren wir den uns ab Ravello noch unbekannten, zauberhaften Rest den Amalfitana. Das junge Glück hatte sich geeinigt, Capri irgendwann nachzuholen. Sie wollten sich nun dem eigentlichen Anlass der Reise, der Veranstaltung in Pescara ohne Verspätung zuwenden. Außer einem Stopp zum Tanken und für den Kauf von ein paar Sandwiches, Panini und Getränken hielten wir nicht mehr. Wir fuhren durch bis nach Pescara. Ich hatte meinen Sohn vor der Reise noch nie Energydrinks konsumieren sehen. Auf den paar tausend Kilometern dieser Tour tankte er das Fruchtgummiwasser, als sei es Brennstoff.
Pescara, die Perle der Adria? Ich scheine mich nicht zu erinnern. Aber ich habe auch zu wenig von dieser Stadt gesehen. Unser Hotel war ein Strandhotel, etwas außerhalb. Auf dem Weg dorthin fuhren wir stadtseitig an Hotels vorbei. Strandseitig waren Vergnügungsbereiche unterschiedlicher Spielart. Egal, wir hatten ein Geschäftstreffen, bei dem es nicht um Geschäfte an sich, sondern um den Austausch ging. Es gab nichts zu verlieren. Und nichts zu gewinnen, außer der Intensivierung bestehender und der Knüpfung neuer Kontakte. Junior und ich traten zwar zusammen auf, teilten uns dann aber die Zuwendung zu den zweihundert Teilnehmern auf. Bei mir war es einfach. Ich kannte sie schon aus Dubai, New Orleans und New York. Mit etlichen war ich bekannt, mit einigen sehr vertraut und mit Thomas aus Nigeria befreundet. Jede Form von ethnical correctness ignorierend, fragte ich Thomas bei unserem ersten Treffen: „Deine Haut sieht toll aus. Darf ich mal anfassen?“ Er grinste und hielt mir seinen ultraschwarzen Arm hin. Es war nicht die Farbe allein. Seine Haut sieht anders aus. Sie hat etwas Ausdrucksstarkes und wirkt weniger durcheinander und weniger schreckhaft als meine. „Deine Haut ist ja total fest und stabil“, sagte ich, während ich an seinem Unterarm versuchte, Falten zu zupfen. In Pescara war er auch und wir umarmten uns wie alte Freunde, die wir trotz der wenigen Begegnungen sind. Es war alles harmonisch und auch mit den anderen lief es wie immer. Es gab nur einen Störfaktor: Herr Mayer war dabei. Sie kannten ihn bisher nur aus dem Schriftverkehr und aus Videokonferenzen. Das war weniger anstrengend für die armen Menschen, die sich auf ein entspanntes Treffen unter Freunden mit gemeinsamen Strategien und gemeinsamen Erklärungen gefreut hatten. In der Sache war Junior auf der Höhe, wie er es in zahllosen E-Mails und Rundschreiben zum Besten gegeben hatte. Bei Videokonferenzen versagte er verzeihlich bei der Einleitung. „Ich bin doch nicht bei der Punktevergabe eines Schlagerwettbewerbs und vergebe erst mal sinnlose Komplimente“, sagte er zum Glück nur im privaten Kreis. Bei Besuchen ausländischer Gäste waren es entweder reine Geschäftstermine – das kann er, behauptet er – oder es ging um den Aufbau von Beziehungen. Von sensibler Annäherung und Feingefühl in der Dosierung der Gesprächsinhalte hat Junior keinen blassen Schimmer. So hatte ich die vornehme, allseits dankbar angenommene Aufgabe, sie einander vertraut zu machen. Bei Schönwettergesprächen übernahm ich, bevor Herr Mayer mit einem trockenen Kommentar für Unverständnis sorgte. Wer mit ihm ernsthaft über die Arbeit sprechen wollte, fand Gehör. Und wer eines seiner Lieblingsthemen aufgriff, brauchte eine gute Ausrede, um da wieder rauszukommen.
Ich moderierte. Aus seiner Meinung: „Das soll ein Vertrag sein? Das ist geschriebene Luft!“ wurde: „Schön, dass wir eine gemeinsame Basis für die Zukunft gefunden haben.“ Aus: „Ich habe die Lösung. Ist erledigt!“ wurde: „Deine Meinung interessiert uns brennend.“ Aus: „Nein!“ wurde: „Eine wunderbare Idee. Wir wissen noch nicht, ob wir das in unsere Arbeitsweise direkt implementieren können. Wir sollten den Punkt gemeinsam bis zum nächsten Treffen noch etwas vertiefen.“ – Eigentlich passte es genau so. Es war Arbeitsteilung. Da Junior und ich Kollegen waren, traten wir auch gemeinsam auf. Die Abläufe waren klar. Tagsüber fanden zunächst Präsentationen statt. Dann traf man sich in Arbeitsgruppen. Am Ende wurden vorzeigbare Ergebnisse auf der Schlussveranstaltung präsentiert. Wie üblich wurden auch untereinander bereits abgesprochene Verträge geschlossen. Erklärungen des gegenseitigen Verständnisses wurden feierlich unterzeichnet. Abends ging es dann in die Hotelbar. Das lockere Treffen an der Bar und auf der zugehörigen Terrasse mit Variationen der plastikgeflochtenen Loungemöbel gehörte dazu. Es wurde dann noch privater und Grüppchenbildungen förderten zumindest die gefühlte Vertrautheit. Junior und ich sind da völlig verschieden. Er setzt sich – und bleibt sitzen. Ich wechsle die Gruppen aktiv, weil ich alle Personen kennenlernen möchte und gleichfalls niemanden belagere. Die Trennung – auch die gewollte Trennung von Gruppen unterschiedlicher Gesinnung oder gar ›Klassen‹ ist für mich ein Unding. Andere halten sich an unausgesprochene Regeln. Ich liebe Spannung.
Meinungen
Was macht Palermo für Dich besonders? Was stört Dich an der Stadt?
Sonstige Bemerkungen?