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Mit dem Radlader ins Hotel

von Marc Krautwedel

Kapitel 2: Nichtflieger

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Nichtflieger

Nichtflieger

Ibiza

In Nachtzügen zu fahren war nichts Neues. Zweimal ging es runter bis nach Lörrach, um dann mit dem Auto den Familienurlaub in den Süden anzutreten. Autoreisezüge waren damals üblicher als heute. Wir hatten auch andere Varianten probiert, die mehr im Trend lagen. Die Autobahn nachts zu befahren, weil sie freier ist, mag seinen Reiz haben. Ein Ehemann mit angestrengten Nerven und aufgerissenen Augen am nächsten Morgen machte dem Wort ›Urlaub‹ keine Ehre, egal, wie stolz er auf seine Kilometerleistung war. Ich bevorzugte, Reiseproviant vorzubereiten. Dann ein gemächliches Gondeln, um dort anzuhalten, wo es uns gefiel und Pausen einzulegen. Das Kind konnte rumlaufen und der Fahrer sich erfrischen, entspannen und die Beine vertreten.

Einmal donnerten wir von Barcelona mit Tag- und Nachtzügen bis Hamburg. Das waren auch etwa sechsundzwanzig Stunden – über Genf. Es ging nicht anders. Als wir nach unserem Ibiza-Urlaub auf dem Flughafen Barcelona landeten, gab es einen Pilotenstreik. Damals war es fummelig, die richtigen Zugverbindungen zu finden, um nicht noch länger dort auf dem Terminal festzusitzen. Aber verdammt egal. Ich war jung und mein neunjähriger Sohn hatte sich schon auf dem Airport bestens amüsiert – unabhängig von den gesprochenen Sprachen. Meistens redete er. Im Zug hatte er Freude daran, Zuckerpäckchen zu sammeln, bis er alle Tierkreiszeichen zusammengesucht und geschnorrt hatte. Wir hatten unseren Spaß und gute Unterhaltung in einem Sechserabteil mit anderen Urlaubern, deren Flüge abgesagt worden waren.

Die Ibiza-Reise in einen Ferienklub, dessen Kette den sinnbildlich falschen Namen eines vereinsamten Schiffbrüchigen trägt, war diejenige, bei der meinem Sohn mulmig im Flugzeug wurde. Nun war es ausgerechnet unser erster Flug. „Kapitän Juan begrüßt sie an Bord.“ Bei allen Fluggästen schmerzten die Ohren, und der Druckausgleich funktionierte nicht. Juan benötigte zwei Anflüge und hatte drei Hüpfer beim Aufsetzen für die Landung.

Auf eine Robinsonade wäre bei dem Unterhaltungsprogramm im Klub niemand gekommen. Für das Kind war es ideal: Sport, Spaß, Kreativität und Wettbewerbe. Dazu eine riesige Poollandschaft, Aufsichtspersonal und Animateure. Die Buffets hatten alles, waren lange aufgebaut, und es gab keinen Schichtbetrieb in den Speisezeiten. Mein Mann fand schnell Anschluss und wir hatten sogar gemeinsame Bekanntschaften. Insofern war es für mich ideal. Erholung pur – und die Familie beschäftigt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Damit war das Gesamtpaket als üppiger Luxus zu bewerten. Kostspielig genug war die Reise auf jeden Fall. Juniors Vater ignorierte jegliche Bedenken, und mit der Buchungsbestätigung kam die Kapitulation. ›Nützt nichts. Durch da!‹ hatte Auswirkungen auf meine Haushaltsführung, aber nicht auf die Stimmung. Nach dem Aufstehen gingen wir von unserem Ferienhaus in die zentrale Klubanlage. Auf dem Weg dorthin, begleitet vom mediterranen Zirpen der Grillen, umgeben von Olivenbäumen, Pinien und prächtig blühendem Oleander, war der erste Abstecher von fünf Metern allmorgendlich der kleine Klubshop. Immer das Gleiche. Für meinen Mann eine Zeitung, ich nahm eine Illustrierte, die er später länger las als ich, und Blondschopf ›Eisenherz‹ Mayer, sein Sohn, zog ein angeblich lustiges Taschenbuch aus dem Drehständer. Ich schnitt ihm selbst die Haare. Die Eisenherz-Frisur verpasste ich ihm über fünfzehn Jahre. Vielleicht bin ich die einzige Person, die es so ohne Topf hinbekommt.

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Und? Flugangst, Unwohlsein, Reisefieber oder ist es wie Busfahren?

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